29.07.2024
Ausgeruht und frohgemut geht es wieder auf die Piste. Unser nächstes Ziel heißt Nýrsko. Mit einem letztem Blick auf den See stoßen wir auf eine Quelle. Glücklich füllen wir unsere Wasservorräte mit dem köstlichen Nass auf. Der Weg wird traumhaft. Wald- und Wiesenpfade, kleine süße Weiler, schönste Natur. Am Rastplatz von Lipová Horá treffen wir auf eine tschechische Wandergruppe. Gemeinsam gibt es eine Brotzeit. Zwecks der Sprachbarriere können wir uns nicht wirklich austauschen. Dennoch! Gemeinsam rasten ist schön. Leider verwandeln sich die Pfade nach der Pause wieder einmal in Schotter- und Teerwege. Das Laufen wird wieder anstrengend. Daher entscheiden wir uns die markierte Route zu verlassen und biegen in einen Forstweg ab. Laut Karte führt er uns in die gleiche Richtung, ist sogar eine kleine Abkürzung. Leider endet dieser mitten im Wald. Wohin jetzt? Umkehren? Nein! Wir schlagen uns durch das Unterholz, erblicken eine Telefonleitung, gehen darauf zu und stoßen endlich wieder auf unseren Weg. Die Abkürzung hat Kraft gekostet. Zudem es ist ein warmer Tag. Wir benötigen eine Rast auf einer schattigen Wiese. Es ist bereits später Nachmittag. Wo heute die Nacht verbringen? Auf der Karte entdecken wir einen Fischweiher, direkt am grünen Band, bei Všeruby. Bingo! Der Weg dorthin führt uns zunächst an einer riesigen Agrarfarm vorbei, dann entlang der Grenze. Wieder einmal treffen wir auf Relikte der Vergangenheit: Ruinen, ein alter Turm, verbleichte Schilder. Der Weiher kommt in Sicht. Der Platz ist schön anzusehen, das Gelände leider uneben. Unser Zelt steht heute windschief. Beim Erkunden entdecken wir zwei Hinweistafeln. Auf der ersten ist zu lesen, dass hier einst eine Mühle stand, die 1947 abbrannte. Auf der zweiten, dass u.a. an dieser Stelle die Aktion „Kámen – fingierte Grenzen“ stattfand. Wer mehr über dieses perfide Spiel des kommunistischen Geheimdienstes der CSSR erfahren möchte kann sich hier auf der Seite des CEBB informieren. Vor allem empfehle ich das Buch „Fingierte Grenzen – Aktion Kámen“ von Válava Jandečková.
Nach einer klassischen Nudelsuppe geht es zu „Bett“.
Mein tschechisches Wort für heute: studánka – die Quelle
30.07.2024
Die Nacht war schlecht. Der Boden uneben. Wir sind früh auf. Packen, schultern die Rucksäcke, ziehen los ohne zu frühstücken. Wir haben kaum noch Wasser, müssen dringend unsere Vorräte füllen. Der Grenzübergang ist nah. Dort angekommen sehen wir mehrere Häuser, hüben und drüben. Auf der tschechischen Seite haben wir kein Glück. Wir treffen niemanden an. In Bayern ist zu dieser frühen Stunde bereits eine fröhliche Bäuerin munter. Sie grüßt uns herzlich, hält mit uns einen Ratsch. Das Wichtigste! Wasser marsch! Unsere Vorräte (8 l) sind voll. Wir haben sie nötig, heute wird ein heißer Tag. Porridge – Frühstück am Grenzübergang, weiter geht es. Wir folgen der alten Patrouillenstraße. Die Landschaft schön, der Weg wieder einmal Beton. Anstrengend! Nach ca. 9 km nehmen wir eine Waldwegabzweigung, queren einen Bach und biegen dann falsch ab. Wir stoßen auf das „Dorf“ Liščí. Ein außergewöhnlicher Ort. Auf einer Seite ist es ein verschwundener Ort, nur ein Hof ist übrig gebliebenen. Auf der anderen Seite ein relatives großes, erschlossenes Neubaugebiet, mit zwei Bushaltestellen, aber mit keiner einzigen Baustelle geschweige einem Neubau. Bei Hitze quälen wir uns die Teerstraße hinauf, biegen in einem Feldweg ein, entdecken ein Hinweisschild, „Zur Bären- Kapelle“. Immer weiter geht es bergauf, in den Wald. Erschöpft erreichen wir unseren Pausenplatz, den Fuchsberg mit dem kleinen Gotteshaus. Nach einer Stärkung erfahren wir, dass die Kapelle Sankt Bernhard geweiht ist. Laut hiesiger Legende soll an dieser Stelle im Jahr 1719 Georg Kohlbeck aus Liščí von einem Bären angegriffen worden sein. Der Mann überlebte den Kampf und ließ aus Dankbarkeit eine Kapelle errichten. Nur ein paar Schritte entfernt befindet sich eine außergewöhnliche Steinformation, die an einen Tempel erinnert. In ihrer Mitte stehen zwei Menhire. Angeblich ein Ort mit einer starken Erdenergie. Gut für uns. Diese haben wir heute besonders nötig. Nachdem wir über einen von Forstmaschinen schrecklich zugerichteten Weg aus dem Wald herauskommen, werden wir von glühender Julihitze erschlagen. Unser Wasser ist fast aufgebraucht. Knapp 2 km später gelangen wir in das Dorf Chudenín. Von einem kleinen, zauberhaften Bauernhof, indem wir uns sofort verlieben, werden wir begrüßt. Im Garten sehen wir eine Familie, sie sehen uns. Ritschi winkt mit der leeren Flasche. Schon kommt eine junge Frau gelaufen, nimmt unsere Flasche, geht damit ins Haus und kommt mit einer Gefüllten plus zwei Eis zurück. So lieb! Was für eine köstliche Erfrischung. Wir bedanken uns, gehen durch das Dorf, mit etlichen verfallen Gebäuden.
Bis zu unserem Ziel, dem Kemp in Nýrsko, sind es noch über 4 km. Und das auf Teer, in brütender Hitze! Wir folgen der kleinen Straße. Nach knapp einem Drittel sind wir fix und fertig. Es ist heiß! Über 30 Grad! Ein Auto kommt, das erste. Wir halten den Daumen raus. Es hält! Unser Chauffeur bringt uns direkt ins Kemp, dem Ziel unseres heutigen Traumes. Wir bedanken uns tausendmal bei unserem Retter, checken bei dem kleinen, familiären Platz ein. Die Dame an der Rezeption spricht sehr gut Deutsch. Allerdings ist hier auch alles sehr deutsch. Wir sind ein bisschen irritiert. Nach unseren bisherigen Erfahrungen ist in CZ alles etwas lockerer. Egal, Hauptsache wir haben es geschafft. Es folgt das gleiche Procedere wie immer.
Mein tschechisches Wort für heute: ovoce – das Obst
31.07.2024
Der gestrige Tag wirkt nach. Die Sonne hat uns wirklich zugesetzt, vor allem mir. In der Nacht hatte ich Kopfschmerzen, jetzt in der Früh ist es besser. Wir haben für drei Tage eingecheckt. Heute möchten wir uns mit einer kleinen Runde mit leichten Gepäck erholen. Zunächst geht es gemütlich hinauf auf dem Berg Hraničář (832 m). Traumhafte Pfade führen uns durch eine grandiose Natur. Wald- und Wiesenabschnitte wechseln sich ab. Es ist erneut ein heißer Tag. Mit ausreichend Wasser und Regen – bzw. heute Sonnenschirm, haben wir vorgesorgt. Als wir den Gipfel erreichen werden wir mit einem Blick auf dem Osser belohnt. Erneut finden wir Reste der Vergangenheit. Große Betonklötze, der Sinn und Nutzen uns völlig unerklärlich, stehen herum. Ebenso alte, vom Rost angefressene, Schilder. Nach der Brotzeit geht es malerisch weiter. Wir erreichen eine Stelle mit einem traumhaften Blick auf dem Stausee von Nýrsko, bald darauf die Reste der Burg Pajrek (Bayereck) eine Grenzburg aus dem 14. Jh. Als Raubritterburg wurde sie 1472 niedergebrannt. Ein neuer Herr, ebenfalls ein Raubritter, ließ sie wieder aufbauen, doch nach dessen Hinrichtung im Jahr 1520 verfiel sie nach und nach. Einst muss die Ruine eine stattliche Feste gewesen sein. Gemütlich kehren wir am Flusslauf in die Stadt zurück und streifen die Naturbühne von Nýrsko. Wir, vor allem ich, sind wieder erholt. Was für ein entspannter Tag.
Mein tschechisches Wort für heute: zelenina – das Gemüse
01.08.2024
Ich verstehe die Welt nicht mehr, besser gesagt meinen Körper! Wir hatten gestern einen so gemütlichen Tag, meine Beine haben es mir nicht gedankt. Mitten in der Nacht bin ich vor Schmerzen aufgewacht. Das es einmal zwickt und zwackt bin ich gewohnt, aber das war eine andere Nummer. Das einzige was wirklich half war gehen. Ich drehte in der Nacht ein paar Runden über den Platz. Heute steht nicht viel auf dem Programm. Als erstes machen wir uns auf zum Touri Büro. Dort werden wir von einem super freundlichen gut Englisch sprechenden Herrn top beraten. Der Šumuva Nationalpark ist nicht mehr weit. Dort sind die Regeln zu Recht streng. Man darf nur auf ausgewiesen Biwakplätzen übernachten. Es eröffnen sich für uns mehrere Möglichkeiten, wie unsere Route weiter verläuft. Eins steht fest. Morgen geht es nach Železná Ruda. Nicht zu Fuß, diesmal mit dem Bus. Heute vertreiben wir uns die Zeit am Platz. Schreiben, planen, entspannen. Die Geschichte von Nýrsko (Neuern) ist sehr interessant. Wer mehr wissen möchte empfehle ich den Wikipedia-Eintrag. Auffällig sind die langgezogenen Gebäude entlang des Flusses der Firma OKULA. Diese produziert Kunststoffteile und stellt Brillen her.
Mein tschechisches Wort für heute: hora – der Berg