02.08.2024
Wir checken aus. Gehen in die Stadt, gönnen uns ein leckeres Frühstück. Pünktlich, 12:15 Uhr, geht es mit dem Bus los. Gemütlich fährt unser Chauffeur am Stausee vorbei, dann schleichen wir die Serpentinen hinauf. Klasse! So können wir die Landschaft draußen genießen. Schließlich sind wir im Zentrum von Zelezna Ruda (Markt Eisenstein). Alles sehr touristisch. Es wird viel gebaut. Überall Hotels, Restaurants, Läden, usw. Zu unserem Kemp müssen wir der Straße knapp einen Kilometer folgen. Angekommen checken wir in dem neuen und modernen „Base Camp“ ein, neben einem Skilift. Witzig erneut zelten wir an einem Skihang. Das junge Team ist total freundlich, spricht sehr gut Englisch. Unser Zelt steht, es ist früher Nachmittag. Wir entscheiden uns nach Bayerisch Eisenstein zu gehen. Unser Weg führt uns durch Železná Ruda. Staunend betrachten wir die spätbarocke Kirche mit dem größten Zwiebelturm der Welt. Wir folgen dem Regenradweg und gelangen zum Grenzbahnhof. Auch dieser ist einmalig. Die D / CZ Grenze geht mitten hindurch. Museen, Ausstellungen und eine Galerie bereichern dieses geschichtsträchtige Gebäude. Wir besuchen eine kostenfreie Ausstellung zum Thema „Eiserner Vorhang“. Sehr bedrückend und informativ. Das Schicksal der Menschen des verschwundenen Dorfes Stadlern, das durch Interviews mit Zeitzeugen dokumentiert wird, berührt uns sehr. Auch die Zeit des Endes der schicksalhaften Teilung Europas wird beleuchtet, die Freude darüber und der Neubeginn. Gerade hier in Eisenstein. Erneut hat das grüne Band uns mit seiner Geschichte überrascht. Und nicht genug. Als wir das Gotteshaus in Bayerisch Eisenstein besuchen, stoßen wir in der Kirche auf eine weitere Ausstellung. Hierbei handelt es sich um die Dokumentation der „Aktion K“, die das Leiden der kath. Kirche unter dem kommunistischen Regime der ČSSR behandelt. INFO dazu: www.svata-hora.cz

Bewegt verlassen wir Bayern. Zurück in Železná Ruda kehren wir in das Restaurace „Böhmerwald“ ein, speisen köstlich. Nach einem Verdauungsspaziergang geht es ins Zelt. Gute Nacht.

Mein tschechisches Wort für heute: řeka – der Fluss

03.08.2024
In der Nähe von Železná Ruda befinden sich zwei „berühmte“ Seen. Der Čertovo jezero und der Černé jezero. Für mich sind sie die Brüder vom großem und kleinem Arbersee, denn der Arber thront hier mächtig über Bayern und Böhmen. Wir sind voller Vorfreude. Als wir die Stadt hinter uns lassen und in den Wald abbiegen sind wir glücklich. Kein Trubel, keine Hektik, Ruhe und Natur. Schön! Leider ist unsere Freude nur von sehr kurzer Dauer, denn bald mutiert der Weg in eine breite, geteerte Straße. Mitten im Wald! Horror! Wir können bei solch einen uns unverständigen menschlichen Treiben den Wald um uns nicht mehr wirklich genießen. Nach knapp 3 km endet der Schrecken an einem großen Wendeplatz. Schilder weisen auf das Naturschutzgebiet hin. Seelig geht es einen Pfad entlang. Aus dem Forstwald wird ein „Urwald“. Die Natur ist sich selbst überlassen. Das bedeutet viel Totholz, Spuren vom Siegeszug des Borkenkäfers. Doch überall sprießt es. Neues, frisches Leben, eine grandiose Metamorphose. Mutter Natur hat Zeit. Kommende Generationen werden davon profitieren. Wir kommen an unserm ersten Ziel, dem Certovo jezero an. Wunderschön gelegen, eingebettet in einer malerischen Landschaft. Wir sind froh hier zu sein. Nicht nur wir. Diesen Touri Hotspot möchten natürlich „alle“ bewundern. Wir staunen: „Wo kommen plötzlich all diese Menschen her?“ Auf unserer Route trafen wir kaum welche. Das Geheimnis lüftet sich sogleich. Es gibt eine weitere Strecke, eine wahre Ameisenstraße. Wir reihen uns ein, möchten auch den zweiten See sehen. Eine Stunde später sind wir dort, am Cerne jezero. Noch mehr Menschen und jeder möchte ein Foto machen. Wir natürlich auch. Der Ceren jezero ist größer, ebenfalls ein Blickfang. Nach einer Brotzeit ziehen wir auf unserem heutigen Rundweg weiter und sind zum zweiten Mal geschockt. Auch dieser Weg entpuppt sich als Teerstraße. Es fahren keine Autos, allerdings sind etliche Rad- und Tretroller sowie Fußgänger wie wir unterwegs. Wir fragen uns, ob die Menschen es toll finden auf geteerten Wegen durch die Natur zu spazieren. Da taucht eine Touri-Bimmel-Bahn vor uns auf. Man muss somit gar nicht zu Fuß gehen, kann es auch bequem haben. Nach ca. 6 km ist alles wieder vorüber. Wir verlassen den Touritrubel, tauschen diesen mit einen gemütlichen Waldpfad ein, der uns direkt zurück in unser Kemp führt. Welche Wohltat, was für ein Genuss.

Nach einen Monat „grünes Band“ haben wir uns so sehr an Stunden der Ruhe und Einsamkeit gewöhnt, dass der heutige Tag für uns befremdlich war. Wundern dürfen wir uns nicht, heute ist Samstag! Das hatten wir den ganzen Tag nicht auf dem Schirm. Unsere Uhr tickt mittlerweile (machs)anders.

Mein tschechisches Wort für heute: vzduch – die Luft

04.08.2024
Heute ist Sonntag. Auch für uns. Daher gönnen wir uns beim Kemp-Bistro ein echtes Frühstück. Lecker! Gestärkt geht es los auf eine gemütliche Runde. Die meiste Zeit sind wir für uns. Ziehen entspannt auf Waldpfaden, inmitten herrlichster Natur. Wieder einmal erleben wir eine Überraschung. Auf der Hälfte der Tour treffen wir auf eine Menschentraube, die zu einem uns unbekannten Ziel pilgert. Wir hinterher, wollen wissen was es gibt. Eine Quelle! Nicht nur eine gewöhnliche, mit frischen Wasser. Nein. Liebe Menschen haben sie um eine Bier (alkoholfrei) und Limo Quelle erweitert. In ausgehöhlten Stämmen stehen, vom Quellwasser gekühlte, Flaschen. Ein jeder darf sich bedienen, ein Öffner liegt bereit. Wie all die anderen genießen wir den Trank. Was für eine aufmerksame und tolle Idee! Auf dem Etikett finde ich folgende Internetseite: www.pivovar-strakonice.cz

Nach diesem Trunk geht es über einen Forstweg zurück. Dieser führt uns zu einem absolut traumhaften Platz. Weite, wilde Wiesen, eine Allee mit stattlich, ehrwürdigen Bäumen, ein alter Obstgarten und einem fantastischen Blick ins weite Land. Mit Worten nicht zu beschreiben. Auf einer Bank genießen wir diesen zauberhaften, ja mystischen Ort. Am Abend lernen wir im Kemp ein Pärchen kennen. Sie kommt aus Kanada und hat pakistanische Wurzeln, er ist Franzose. Beide arbeiten sie für eine NGO in Jordanien. Zusammen sitzen wir am Lagerfeuer, trinken Pivo, bis es zu regnen beginnt.

Mein tschechisches Wort für heute: zaplatit – bezahlen 

05.08.2024
Nach einer Regennacht nutzen wir eine Schauerpause zum Abbauen und Einpacken. Erneut öffnet der Himmel seine Schleusen. Egal. Nach einem letzten Kaffee im Bistro machen wir uns auf, eingehüllt in unserem Regenschutz. Den ersten Abschnitt unser heutigen Tour kennen wir bereits vom Tag zuvor. Am Parkplatz gibt es eine erste Pause. Jetzt müssen wir erst einmal neben einer Landstraße entlang, bis wir nach knapp 2 km wieder in einen Forstweg abbiegen können. Wir treffen auf ein Schild, dass uns auf Bauarbeiten der Forststraße hinweist. Kurz darauf stehen wir davor. Kein schöner Anblick mitten im Wald. Bald biegen wir ab, schreiten wieder auf einem traumhaften Weg, der schnurgerade durchs Gelände führt, wie eine riesige Achterbahn, rauf und runter. Er bringt uns direkt zu unserm Ziel, dem Biwak – Platz (8 x 8 m) bei Hurka (Hurkenthal). Es ist ca.15:00 Uhr. Wir sind allein. Da mittlerweile die Sonne wieder lacht, breiten wir alle unsere Sachen zum Trocknen aus, machen uns daran das Zelt aufzustellen. Plötzlich steht ein Nationalpark – Ranger vor uns. Er erklärt uns freundlich, dass man das Zelt erst ab 18:00 Uhr aufbauen darf und man spätesten um 9:00 Uhr den Platz verlassen muss. Also packen wir wieder alles ein, stellen unsere Sachen auf eine Bank und erkunden die malerische Umgebung. Uralte Bäume, duftende Wiesen, grün leuchtende Berge, Wald ohne Ende. Traumhaft. Am frühen Abend ist es nicht mehr einsam. Der Platz füllt sich mit vielen, meist jungen Leuten, sogar einer fünfköpfigen Familie. Das Zelt erneut aufgebaut, Essen, Bett.

Mein tschechisches Wort für heute: déšť – der Regen

06.08.2024
Früh verlassen wir den Platz, machen uns auf zum Laka jezero. Der heutige Weg ist ein Traum. Waldpfade, knorrige Bäume, pures Waldglück, wir bekommen sogar einen Auerhahn zu Gesicht. Dann sind wir da, ganz allein an einem zauberhaften Ort. Tauchen ein in diese Schönheit, bis uns die ersten Tagestouristen aus unseren süßen Träumen reißen. Weiter geht es, überall unendlicher Wald. Bereits am frühen Nachmittag erreichen wir Prasily. Auch hier stoßen wir auf die Vergangenheit. Von der Kirchen des Ortes ist nicht viel übrig geblieben. 1971 haben die Kommunisten sie gesprengt. Nun bemüht sich ein Verein um die Erinnerung, hat die Grundmauer wieder ans Licht der Welt gebracht. Da das Büro des kleinen Kemp erst um 15:00 wieder besetzt ist, kehren wir in ein Wirtshaus ein. Die Karte ist auf Tschechisch und unsere junge Bedienung spricht nur ein paar Brocken Englisch. Wir wählen blind. Ritschi erwischt Germknödel mit Blaubeeren. Diese lieben auch die Wespen. Für mich gibt es Knödel, Spinat und Schweinefleisch mit Röstzwiebel. Alles voll lecker. Auf dem Kemp checken wir für eine Nacht ein. Genießen die Sonne.

Mein tschechisches Wort für heute: vosa – die Wespe