Das Grüne Band, der Grenzstreifen entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs, möchte UNESCO-Welterbe für Natur und Kultur werden. Eine Riesenchance für die Oberpfalz und den Tourismus entlang der Grenze. Doch es wird dauern.

Die Konferenz mit sechs Referentinnen und Referenten von tschechischer und bayerischer Seite, alle mit großer Expertise zum Grünen Band und zur Historie des Eisernen Vorhangs in ihren Vorträgen, kam genau zum richtigen Zeitpunkt, denn am 6. Dezember ging der Nominierungsantrag der Bundesrepublik, von neun Bundesländern mitgetragen, ins offizielle Verfahren bei der UNESCO. Vorerst umfasst er nur die Gebietskulisse an der früheren DDR-Grenze mit den Schutzgebieten von der Ostsee bis in den Norden Bayerns (Oberfranken). Davon unterscheidet sich die bayerisch-tschechischen Grenze mit der Gliederung in Naturparke vom Fichtelgebirge bis hinunter zum Nationalpark Bayerischer Wald und im Nachbarland mit dem Český les / Böhmischer Wald und dem Biospärenreservat Šumava deutlich in der Struktur, jedoch nicht in der Qualiät.

Wie die öffentliche Informations- und Diskussionsveranstaltung im Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) zeigte, gehen die Vorstellungen auf bayerischer Seite viel weiter als momentan eingereicht. Sich nur auf staatliche Gebiete zu konzentrieren, die aktuell schon unter Schutz stehen, wäre zu kurz gesprungen. Einmal, weil es erklärter Wille ist, das Grüne Band als doppelte UNESCO-Welterbestätte für Natur und Kultur zu erreichen und zum anderen, dass Grünes Band / green belt ja ausdrückt, dass die Welterbestätte nicht als Aneinanderreihung von Schutzgebieten in einzelnen Ländern, sondern als verbindendes Element, in der Vision mit 24 Ländern, zu verstehen ist.

Die Konferenz befasste sich aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Blickwinkeln mit dem Grünen Band und führte den Gästen, ob persönlich anwesend oder per Livestream zugeschaltet, die ganze Bandbreite der Chancen, aber auch die Fülle offener Punkte und zu lösender Aufgaben vor Augen. Auch wenn alles optimal ineinandergreift, ist die Anerkennung des Grünen Bands als UNESCO-Welterbestätte, nüchtern betrachtet, erst im kommenden Jahrzehnt zu erwarten.

Ob die Hoffnungen in der Grenzregion Bayern-Tschechien zur Realität werden, hängt sehr viel von den Akteuren vor Ort ab, wie die promovierte Agrarwissenschaftlerin Alexandra Kruse vom „insitu World Heritage consulting“ in ihrem online zugeschalteten Vortrag erläuterte. „Die UNESCO legt großen Wert auf Partizipation.“ Es zahlt sich aus, „wenn von Anfang an alle Parteien an einem Tisch sitzen und sich gemeinsam sowohl auf die Fläche, das Management, aber vor allem auf die Geschichte, die erzählt wird, also den herausragenden, universellen Wert einer Stätte, verständigen.“ Ihre anschließende Bemerkung „alle Bedenken werden ernst genommen. Insofern ist es zu begrüßen, dass Einwände und Sorgen so früh wie möglich an die Akteure herangetreten werden“ verstand sie auch als Antwort auf den Diskussionsbeitrag von Hubert Schicker aus dem Landkreis Tirschenreuth, der als Landwirt für seine Region seine Bedenken zu Schutzgebietsausweisungen mit Verboten vortrug.

Mit der Frage von Moderatorin Ivana Danisch, wie Zeitplan und die nächsten Schritte aussehen, fasste sie zusammen, was die rund sechzig Gäste der Konferenz brennend interessierte. Dazu Alexandra Kruse: „Die Nominierung des Grünes Bands zum UNESCO-Welterbe steht unter keinem Zeitdruck. Wir hoffen, dass bis Anfang der 2030er Jahre alle Vorbereitungen, Analysen, Gutachten etc. erstellt werden können.“ Dr. Veronika Hofinger, Leiterin des CeBB als Koordinierungsstelle, sieht ihre Aufgabe vor allem darin, die Akteure am Grünen Band Bayern-Tschechien grenzüberschreitend zu vernetzen, den Dialog zu fördern und die Potentiale des Grünen Bandes zu entdecken. „Grünes Band ohne die tschechische Nachbarseite aktiv einzubinden, macht keinen Sinn. In Bayern hat der Ministerrat dazu bereits in seiner Sitzung am 4.4.2017 in Amberg ein Signal gesetzt und den Lückenschluss des oberpfälzischen Grünen Bandes auf 200 Kilometern Länge beschlossen.

Alexandra Kruse rät aus jahrelanger Erfahrung dringen einen konstruktiven Dialog anzustreben, „um eine tragfähige, langfristig sichere Welterbestätte zu schaffen.“ Mit dem Stichwort konstruktiver Dialog ist gut umschrieben, welche aktive Rolle das CeBB als „Informations-, Beratungs- und Vernetzungszentrum Grünes Band“ beim UNESCO-Antrag für die bayerische und tschechische Nachbarseite spielt. Das vom Finanz- und Heimatministerium hoch geförderte Projekt mit Bezirk Oberpfalz und Euregio Egrensis im Boot hat die Aufgabe, die Fäden zu ziehen, um das Verfahren für die bayerische Seite zum Erfolg zu führen. „Lernort Europäisches Grünes Band“ ist dazu eine aus Mitteln des Bayerischen Landtags geförderte ideale Ergänzung. Mit fachlicher Begleitung des Kultusministeriums erarbeitet das CeBB in diesem neuen dreijährigen Projekt interdisziplinär Themenkreise und Materialien für die Arbeit mit Schulen aus ganz Bayern und Tschechien.