17.07.2024
Gut ausgeschlafen gehen wir über weite Wiesen und Feldwege in das Städtchen Bělá nad Radbuzou. In der kleinen, feinen Altstadt finden wir alles was wir uns wünschen. Wir kaufen ein, setzen uns an einen Tisch mit Bänken und frühstücken bei der Sehenswürdigkeit des Ortes, eine historische Steinbrücke mit etlichen Heiligenfiguren. Gestärkt verlassen wir den Ort. Unser Ziel: Pleš, nicht weit entfernt von Schönsee. Der Weg dorthin entpuppt sich als unsere schönste Wanderung der bisherigen Reise. Schon oft ging es durch traumhafte Gegenden, doch heute staunen wir auf Schritt und Tritt. Zwar müssen wir einige Höhenmeter bewältigen, aber meistens geht es sanft bergauf, um uns herum pure Natur. Kein Wunder, denn wir befinden uns im „Naturschutzgebiet Pleš“. Des Weges nicht mehr sicher, treffen wir auf einen Jäger, der gerade eine Wildkamera auswertet. Ein freundlicher Gruß und er weißt uns die Richtung. Oben angelangt treffen wir auf weite, herrliche Weiden und Wiesen. Es blüht, summt, brummt, überall Schmetterlinge, eine bunte Blütenvielfalt. Am Wegesrand alte ehrwürdige Bäume. Ein erfrischender Wind lässt die Blätter rauschen. Es scheint als ob die knorrigen Bäume uns zunicken. Mitten in diesem Paradies stoßen wir auf einen alten Bunker. Doch auch hier erobert sich die Natur ihren Lebensraum zurück. Pleš kommt in Sicht, mit seinen versprengten neuen Häusern und seinem Wirtshaus. Es ist das einzige ursprüngliche Gebäude, dass vom ehemaligen Dorf Plöß / Pleš übrig geblieben ist. Natürlich kehren wir ein. Es gibt wieder einmal das köstliche Chodovar Pivo, heute mit Schnitzel. Ein weiterer Wandersmann trifft ein. Er setzt sich zu uns an den Tisch, stellt sich als Jarda Marsik vor und ist 75 Jahre alt, jedoch fit wie Turnschuh. Bereits seit 33 Tagen ist er unterwegs und durchquert CZ von seinem südöstlichsten zu seinem nordwestlichsten Punkt. Jarda hat kein Zelt dabei, er schläft in einer Hängematte und wandert jeden Tag um die 35 km. Er spricht fließend Deutsch mit einen ungewohnten Dialekt. Seine Eltern, Sudetendeutsche, durften nach dem 2. Weltkrieg in CZ bleiben, da sie NAZI-Gegner waren. Seine Fitness kommt daher, da Jarda sein Lebtag lang sportlich ist. Er ist Kletterer, lebt im Elbsandsteingebirge. Gemeinsam mit seinen Sohn hat er ein Buch über diese traumhafte Region herausgegeben. Mehr INFO über Jarda Marsik findet man auf seiner FACEBOOK Seite.

Ein weiterer Wandergeselle trifft ein und setzt sich auch zu uns. Er heißt Peter und kennt Jarda, sie folgen der gleichen Route. Peter ist 62, hat ein Zelt, ist nur für zwei Wochen unterwegs und morgen ist sein letzter Tag. Aus beruflichen Gründen spricht er fliesend Englisch. Peter ist sehr sympathisch, erzählt gut und gerne. Er klärt die Übernachtung mit dem Wirt ab. Daher dürfen wir zum zweite Mal auf einer Wiese bei einem Wirtshaus unser Zelt aufschlagen. Heute bei der Feuerstelle. Da unser Zelt von der letzten Nacht recht feucht ist, legt Ritschi es zum Trocknen auf der Wiese aus. Eine Frau, die ihr Auto dort ebenfalls geparkt hat, und nun los möchte, ist dies herzlich egal und fährt über die ausgebreiteten Planen. Da sie langsam fährt und die Wiese weich ist, nimmt unser Zelt Gott sei Dank keinen Schaden. Dennoch sind wir erst einmal ganz schön baff. Jarda verabschiedet sich von uns, er will noch ein Stück weiter. Wir bleiben noch lange mit Peter sitzen, reden, trinken Bier. Langsam wird es dunkel und Zeit das Zelt aufzustellen. Peter richtet sich lediglich einen Schlafplatz, er will heute unter dem Sternenhimmel seine letzte Nacht draußen genießen. Wir wünschen ihm eine gute Nacht und kriechen ins Zelt. Mitten in der Nacht wache ich auf, merke, dass ich zwei Zecken habe, Ritschi befreit mich von den kleinen Blutsaugern. Da ich eh schon wach bin, schleiche ich mich raus. Ein glitzernder Sternenhimmel grüßt vom Firmament, ich staune und genieße. Was für ein Tag, was für ein Geschenk.

Mein tschechisches Wort für heute: Majitel – Besitzer / Eigentümer

18.07.2024
Nach einer erholsamen Nacht packen wir sofort unsere Sachen zusammen. Wir verabschieden uns von Peter, der gleich weiter möchte. Wir hingegen haben es nicht weit, gehen zu einem Schutzhäuschen und frühstücken dort, ganz bequem an einer Tischgarnitur. Gestärkt besuchen wir im Anschluss den alten Friedhof von Plöss / Pleš. Der Gottesacker ist wieder sehr liebevoll hergerichtet. Ritschi ist erneut sehr ergriffen vom Schicksal der Sudetendeutschen. Dies liegt gewiss daran, das ihre Großeltern (mütterliche Seite) ebenfalls Sudetendeutsche waren. Allerdings aus der Region Aussig  / Ústecký kraj.

Nach unserem Rundgang schlendern wir über einen Feldweg zum Grenzübergang Friedrichshäng. Weiter geht es über Dietersdorf nach Schönsee ins CeBB. Dort werden wir super freundlich begrüßt, bekommen gleich eine Apfelschorle angeboten. David Vereš berichtet von der Geschichte und Idee des CeBB, zeigt uns die Ausstellungen, ist für uns da. Besonders die Dauerausstellung Barock in Bayern und Böhmen gefällt uns sehr gut. Als David sich verabschiedet, chillen wir noch eine Zeit im begehbaren Kunstwerk der aktuellen Ausstellung Wald und Jagd. Für mich ist es eine riesige Kobel. Wir haben sie heute für uns ganz allein, legen uns in die gespannten Netze. Es ist so bequem, dass ich sogar eindöse. Kurz nach 18 Uhr, werden wir von unserm Freund Michl abgeholt. Er wohnt in der Nähe, und wir wollen bei ihm bis Montag bleiben, brauchen einen kleinen Urlaub vom Projekt. Nach der herzlichen Begrüßung geht es erst einmal direkt zurück nach Pleš, Abendessen im Wirtshaus. Diesmal mit dem Auto. Der Wirt lacht, als er uns wieder sieht, meint: „Weit seid ihr ja nicht gekommen.“ Erneut genießen wir hier Speis und Trank. Mit vollem Bauch geht es zu Michl. Dort haben wir ein ganzes Zimmer für uns. Luxus! Nach einer ausgiebigen Dusche schlafen wir selig in einem Bett ein.

Mein tschechisches Wort für heute: věc – Ding

19. – 21.07.2024
Die Tage in Wildeppenried sind gemütlich. Wir nutzen die Zeit. Ritschi wäscht, stopft Löcher unserer Shirts und Hosen. Ich helfe Michl in Haus und Garten, schreibe. Cyntia, Michls Freundin kommt ebenfalls vorbei. Gemeinsam wird gekocht, die Zeit genossen.

Am Samstag (20.07.2024) besucht uns Gabi, unsere Nachbarin und Freundin aus Hainsacker. Sie bringt uns Essensnachschub. Eigentlich haben wir vereinbart, dass sie uns immer alles Nötige per Post nachschickt. Sie hat jedoch Zeit und Lust uns zu besuchen. Daher liefert sie uns alles direkt an. Klasse! Am Nachmittag fahren wir mit ihr nach Pleš, möchten ihr diesen zauberhaften Ort unbedingt zeigen. Auch sie ist von der Natur und Geschichte angetan. Erneut kehren wir ins Wirtshaus ein. Heute scheint es, als ob der Wirt bereits mit uns gerechnet hat. Nach Kaffee und Palatschinken, bringt uns Gabi zu Michl zurück. Wir verabschieden uns dankbar.

Den Sonntag (21.07.2024) nutzen wir um wieder alles zu packen. Es ist ein schöner Sommertag, lassen uns treiben. Machen gemeinsam mit Michl einen ausgedehnten Spaziergang entlang der Grenze, bei Eslarn. Morgen fährt uns unser „Herbergsvater“ nach Stadlern.

Die Tage hier waren erholsam, aber wir sind ein bisschen bequem geworden, wollen wieder los! Freuen uns auf die kommenden Begegnungen und Eindrücke.

Meine tschechischen Wörter für die letzten 3 Tage: večer – Abend / jaro – Frühling / německy – deutsch